Dienstag, 7. Juni 2011

Ein Interview mit der Band "El Mató un policía motorizado" aus Argentinien

Sie sind die Personifikation des Indie Rock aus Südamerika und verbinden den Punk Rock mit dem Noise Rock. El Mató hat vier Alben herausgebracht: „Tormenta roja“ (2003), eine letale Trilogie als Weihnachts-CD „Navidad en reserva“ (2005) und Geschichten einer bedingungslosen Freundschaft „Un millón de euros; Día de los muertos“ (2008), ein apokalyptisches und lyrisches  Album. Zurzeit nehmen Sie eine weitere Platte auf.

Mit ihren schrillen Gitarrenlauten, unauslöschbaren Melodien und ihrem lyrischen Säuseln, haben sie sich in die Mitte des Sturms begeben und sind jetzt auf Tour in Europa mit „Dem neuen Magnetismus Europa 2011". Bevor sie Ende Juni nach Berlin kommen, um hier zu brillieren mit ihrer Space Punk Show. Sie sprechen von der Freiheit, der Apokalypse, der Freundschaft und der Liebe.


Wie sind die Band und der Name der Band entstanden?

Willy (doctora muerte) und ich haben uns in der Schule kennengelernt. Willy damals hat mit seinem Vater eine Wette abgeschlossen. Wenn er in der dritten Klasse in keinem Fach durchfallen würde, würde sein Vater ihm ein Schlagzeug schenken. Es war ein hartes Schuljahr. Und ich werde nie den Tag vergessen als wir uns das Schlagzeug schließlich vor uns hatten. Noch dazu hat Willy schon nach ein paar Tagen genial gespielt. Sein Trommelwirbel war gigantisch. Das war wunderbar. Danach haben wir Manu (Pantro Puto) kennengelernt, später kam Gusto (Niño Elegante) dazu, der früher schon mit Willy in einer Band gespielt hatte, die Grupo Mazinger hieß.
Und zum Namen der Band: auf einer Party hat Manu, als er einen Seitenblick auf einen laufenden Fernseher warf, gehört, wie im Film jemand ein zu einem anderen sagte "er hat einen Motorradpolizisten getötet". Nachdem wir ein wenig darüber nachgedacht hatten, beschlossen wir, das zu verwenden.

Eure Texte sind über das Chaos, die Trostlosigkeit, die Apokalypse, über den „hageren Mann am Kreuz“; glaubt Ihr, dass das Ende kommt? Woher kommt dieses lyrische, existentielle und dunkle Rauschen?

Wir finden die Idee reizvoll, und falls im Jahr 2012 die echte Apokalypse kommen würde, was würde passieren? Wäre das etwas Schlechtes? Wir würden aufhören daran zu denken, unsere Miete und die Steuern zu bezahlen, und wir würden nicht mehr an die dunklen Flure der staatlichen und privaten Bürokratien denken. Wir amüsieren uns, wenn wir uns das vorstellen. Es scheint uns eine gute Idee, das mit der urbanen und visuellen Poesie zu mischen, die wir gerne entwickeln.

In diesem Jahr wurdet Ihr wieder zum Primavera Sound Festival nach Barcelona eingeladen. Wie ist es für Euch beim gleichen Festival zu spielen, wie Flaming Lips, Animal Collective und John Cale?

Es ist eine Ehre, ein unglaublicher Traum, den wir noch nicht ganz glauben können. Was soll ich dazu sagen? Es war schon immer unser „Spirit“, niemals Nichts zu erhoffen, eine Band zu gründen und eine gute Zeit zu haben, unseren Geist zu stärken. Ohne es zu planen und ohne es uns vorzustellen, geschehen immer wunderschöne Dinge, und dort zu spielen ist eines von den besten.

Der große Poet und Schriftsteller aus Buenos Aires Fabian Casas geht mit Euch auf die Bühne, um zu singen, und sein Buch „Rita reist in den Kosmos mit Mariano“ wurde von Santiago, dem Sänger und Bassisten Eurer Band illustriert. Was verbindet Euch mit Fabian, dem Spleen von Boedo?

Er ist ein wunderbarer Pate-Freund-Vater-Bruder-Guru, den wir eines Tage kennengelernt haben und jetzt sind wir uns sehr nahe. Er hat immer ein Wort für Dich bereit, durch das Du Dich gut fühlst - nützlich, frei und glücklich.




Eure Plattenlabel "Laptra" hat auch ein soziales Ziel, das lautet "die gemeinsame Erfahrung ist das beste menschlichen Vermögen". Um Casas zu paraphrasieren: glaubt ihr, dass Kunst etwas Kollektives ist und nichts Individuelles?

Ja, das ist nicht nur eine Meinung, das ist die pure Wahrheit. Aus dem Nichts kommt nichts.
Man kreiert unter dem Einfluss der Menschen, die weit weg sind in Raum und Zeit. Man zehrt von den Dichtern, die in der Nähe sind, von Freunden, von Alltäglichkeit, von der Energie von Künstlern, von Künstlern mit Potential und von denen, die sich ihrer Genialität noch nicht bewusst sind, die sie erreichen können, wenn sie nur in dem kreativen Ort ihres Herzens erwachen.

Es scheint mir, dass die Essenz der innovativen und mitreißenden Kreativität im Indie steckt, so wie ihr Euch gegen die Tyrannei des Mainstreams auflehnt. Ist es nicht so, dass Euch die Peripherie mehr zusagt, als die Masse?

Das ist, womit wir seit der Kindheit vertraut sind und wo wir etwas gelten und uns sicher fühlen. Wir kennen die Orte im Abseits, die uns aufnehmen, wo wir atmen und unsere Kunst frei ausüben können. Der Indie ist das, die Unabhängigkeit von allem, vom Mainstream, von Vorurteilen. Kunst kann man auf jede Art und Weise machen, unabhängig vom Wo, Wann und Warum. Völlige Freiheit für die Entwicklung unserer Kunst. So können unsere Seelen für Augenblicke Frieden erlangen. Augenblicke in Orten des Wahnsinns, der Dummheit, der puren Liebe, der wilden Verliebtheit und vieles mehr.

Bei „El Mató“ fällt die dringliche, experimentelle und gewagte Art des Schaffens auf. Das verleitet mich zu der Frage, was Eure Haltung zu Fehlern ist? Versucht Ihr sie zu vermeiden oder betrachtet Ihr sie als Teil der kreativen Suche?



Sie sind Teil von unserer Musik. Uns gefällt der Punk, nicht das Perfekte und Akademische. Auch wenn man eine Ausbildung in den schönen Künsten absolviert hat oder vielleicht gerade wegen dieser, ist der Weg die Idee, weit entfernt vom Schludrigen, die Tat steht über allem.

Und was versteht Ihr unter Erfolg?

Den Erfolg etwas zu machen, durch das wir uns wirklich glücklich und erfüllt fühlen. 


Wie verhaltet Ihr Euch als Hörer? Welche Platten kauft Ihr zum Beispiel?

Viel Musik, egal, wir laden alles runter. Viel ältere Stücke, nicht so viel neue: Beach Boys, Velvet underground, Pixies, Pavement, Dearhunter, Beach House, Guided by Voices, Galaxie 500, Apples in stereo und vieles mehr.


Auf dieser Tour werdet Ihr die neue Platte vorstellen. Von was handeln Eure neuen Songs?

Sie ist noch nicht fertig, aber wir werden schon ein paar Lieder vorstellen. Vielleicht eine eher introspektive und romantische Thematik. Wir wissen noch nicht sehr genau, wie die Platte am Ende sein wird.

Und was erwartet Ihr von Eurem zweiten Besuch in Berlin, der Euch bevorsteht… außer, dass Ihr Euch überraschen lassen werdet?

Wir erwarten nicht mehr, als dass wir die Zeit gut verbringen werden. Wir werden unseren Freund Edmundo wieder sehen, anstoßen, spazieren gehen, letale Tours machen und all das wovon wir dieser Tage träumen.




Konzerte in Berlin
CCCP - 23 Juni 21:00
La Cueva - 24 juni 21:00 +
Filmpremiere von "Die letzte Weihnachten von Julius"

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